Die wichtigsten nährstoffe für veganer:innen.

Der vegane Lebensstil breitet sich immer weiter aus. Im letzten Jahrzehnt hat sich die Anzahl der Veganer um 350% erhöht. Während in Berlin vegane Restaurants schon länger Standard sind, finden vegan lebende Menschen mittlerweile auch in kleineren Städten problemlos Optionen. Das ist natürlich schön, weil es auch nicht Veganer:innen dazu einlädt mal etwas Neues zu probieren. Und natürlich ist es angenehm, nicht immer wieder belehrt zu werden wenn man nach veganen Optionen fragt.

Auch in der Wissenschaft spielt der vegane Ernährungstrend eine wachsende Rolle: Erforscht werden die gesundheitlichen Vorteile aber auch Einschränkungen dieses Lebensstils. Eine gut durchdachte vegane Diät erweist sich als förderlich für die Darmgesundheit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie Typ 2 Diabetes und andere Krankheiten. Manche Studien lassen außerdem eine geringere Sterblichkeitsrate bei vegan lebenden Menschen hin vermuten.

In diesem Zusammenhang wurden allerdings auch regelmäßig Nährstoffdefiziten berichtet. Viele Veganer:innen empfinden diese Informationen oft als gegensätzlich und verwirrend.

Deswegen findest Du hier eine Übersicht der 8 wichtigsten Nährstoffe, die Du bei einer veganen Ernährung unbedingt berücksichtigen solltest.

Die Grundsätze gesunder (veganer) Ernährung.

Vorab: ob vegan oder nicht, der wichtigste Grundsatz gesunder Ernährung heißt Vollwertkost. Der englische Begriff WHOLE FOODS macht gleich klar, dass es sich hierbei um Nahrungsmittel in ihrer ursprünglichen Form handelt: Ein ganzer Apfel (statt Apfelsaft), das volle Korn (anstelle der Nudeln). Es geht darum, die westlichen Durchschnittsernährung mit ihren stark verarbeiteten Nahrungsmitteln, raffinierten Kohlenhydraten und raffinierten Ölen einzutauschen gegen natürlich nahrhafte Lebensmittel.

Menschen, die gerade anfangen sich vegan zu ernähren wissen oft nicht ganz, “was geht und was nicht” und greifen deswegen leicht zu Ersatzprodukten. Leider enthalten diese oft zahlreiche Zusatz- und Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker und zuviel Salz und Zucker. Wie alle stark verarbeiteten Nahrungsmittel können auch die veganen Varianten den Körper belasten.

Clean Eating ist das Prinzip jeder gesunden Ernährung - auch der veganen. Mit naturbelassenen vollwertigen Lebensmitteln und hochwertigen Fetten.

Die 8 wichtigsten Mikronährstoffe in einer veganen Ernährung

Besonders häufig kommt es zu einem Mangel an folgenden Mikronährstoffen

  • Omega-3 Fettsäuren

  • Vitamin D (und K2)

  • Vitamin B12

  • Kalzium

  • Zink

  • Selen

  • Eisen

  • Jod

Omega-3 Fettsäuren

Beim kauf eines guten Omega-3 Öls ist es wichtig, auf 2 Sachen zu achten:

  1. Algen statt Fish:
    Beim Kauf von Omega-3 sollten vegane Menschen darauf achten, dass das Produkt aus Algen hergestellt wurde (nicht aus Fisch).

  2. DHA & EPA statt Leinöl:
    DHA und EPA sollten die einzigen Omega-3 Fettsäuren sein, die auf dem Label stehen. Manche Firmen “strecken” ihre Produkte mit Leinöl oder anderen Ölen, weil es kostengünstiger ist. Dabei handelt es sich allerdings nicht um die bioaktiven und langbettigen Omega-3 Fettsäuren, die entzündungshemmend sind. Und weil der Körper diese zwar umwandeln kann, ist seine Kapazität begrenzt.

Vitamin B12

Vitamin B12 (Cobalamin) zählt zu den wasserlöslichen Vitaminen, das überwiegend in tierischen Produkten vorkommt. Es spielt eine wichtige Rolle in der Blutbildung und ist essentiell für unser Nervensystem. Vegan lebende Menschen sollten entsprechend auf eine ausreichende Versorgung mit B12 achten. Besonders einfach geht das durch Substitution. Doch Vitamin B12 ist nicht gleich Vitamin B12, es kann unterschiedliche chemischen Strukturen haben, so dass die Auswahl schwerfallen kann:

  • Methylcobalamin

  • Adenosylcobalamin

  • Hydroxycobalamin

  • Cyanocobalamin

Die ersten drei Formeln sind natürlich vorkommende Formen von Vitamin B12. Sie sind bioidentisch mit dem natürlich im Menschen vorkommenden B12. Cyanocobalamin hingegen ist ein synthetisches Vitamin B12 Produkt. Studien zeigen, dass die natürlichen Formen eine höhere Bioverfügbarkeit haben. Eine Substitution mit diesen Formen ist demnach dem Cyanocobalamin vorzuziehen.

Vitamin D

Vitamin D spielt eine Hauptrolle in unserer Knochengesundheit und unser Vitamin D Status ist abhängig von der Sonne. Warum wir in Deutschlang ganzjährig Vitamin D einnehmen sollten habe ich letztes Jahr hier beschrieben. Das gewählte Produkt sollte am besten gleich die Kombination der Vitamine D3+K2 enthalten. Das K2 sorgt dafür, dass das Kalzium leicht resorbiert wird und bringt es dorthin, wo es hinsoll: in die Knochen. Bei einem Mangel an Vitamin K2 hingegen könnten hohe Mengen Vitamin D zur Ablagerung des Calciums im Bindegewebe führen.

Labels lesen ist auch hier wichtig: Vitamin D3 kann auch aus tierischen Produkten gewonnen werden. Es gibt aber sehr viele vegane Optionen aus Flechtenarten.

Kalzium

Ein Kalziummangel macht sich nicht von heute auf morgen bemerkbar. Immerhin haben wir ein riesiges Reservoir: die Knochen. 99% unseres gesamten Kalziums befindet sich in unseren Knochen und Zähnen.

Und genau darum geht es: Bei mangelnder Zufuhr und immer niedrigen Kalziumwerten wird der Körper irgendwann auf seine Reserven zurückgreifen. Die Folge ist eine Krankheit, die als Osteomalazie (Knochenweiche) bezeichnet wird und durch Vitamin D und/oder Calciummangel ausgelöst wird.

Viele Pflanzen sind gute Kalzium-Quellen, doch ist die Bioverfügbarkeit antiproportional zu anderen Pflanzenstoffen, wie Oxalsäure und Phytaten. Unser Körper kann das angebotene Kalzium also nicht verwerten. Deswegen sind ausgewählte vegane Produkte mit Kalzium angereichert, z.B. Pflanzenmilch. Dennoch kann eine Substitution auf Zeit oder auf Dauer sinnvoll sein. Ein geschmacksneutrales Pulver bietet sich an, da man es einfach in ein Gericht oder Getränk einrühren kann.

Zink

Auch Zink aus Pflanzen hat eine geringe Bioverfügbarkeit, weswegen viele Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren oft an einem Mangel leiden.

Zink ist ein wichtiger Cofaktor für viele Enzyme im Körper, d.h. viele Stoffwechselvorgänge können ohne Zink gar nicht oder nicht richtig stattfinden. Ein Mangel kann zu Appetitsverlust, einer Schwächung des Immunsystems, Durchfall, einer gestörten Sexualfunktion uvm. führen.

Für schwangere Frauen ist eine optimale Zinkversorgung besonders wichtig, da die Entwicklung des Kindes ebenfalls Zink benötigt.

Besonders gut werden Zink Gluconat und Zink Citrat aufgenommen. Das in der Herstellung günstigere Zink Oxid hingegen hat eine weniger gute Verfügbarkeit. Bei Zink sollten auch Wechselwirkungen mit Medikamenten beachtet werden: Bei einer Antibiotika-Therapie hemmt das Zink die Aufnahme des Antibiotikums und umgekehrt. Andere Medikamente müssen ggf. zeitlich verzögert eingenommen werden. Hier lohnt es sich, den Arzt oder Apotheker zu befragen.

Selen

Jede einzelne Körperzelle benötigt das Spurenelement Selen. Selen beeinflusst das Immunsystem, unseren Stoffwechsel und die Schilddrüsenfunktion, es ist essentiell zur Fortpflanzung und es wirkt als Antioxidans. Das heißt es schützt die Zellen vor Schäden.

Das Spurenelement ist sehr ungleich auf die Böden der Welt verteilt. In großen Teilen sind die Böden so selenarm, dass in der Tierhaltung das Futter mit Selen angereichert wird. Kein Wunder also, dass Selen in einer lokalen veganen Ernährung zu kurz kommt und oft substituiert werden sollte.

Eisen

Eisen ist der weltweit am häufigsten vorkommende Nährstoffmangel bei Menschen. Bei Frauen verschärft sich die Situation aufgrund des Blutverlusts während der Menstruation weiter.

Es gibt Eisen in 2 Formen: Häm-Eisen und nicht Häm-Eisen. Häm-Eisen kommt in tierischen Produkten vor, nicht Häm-Eisen in pflanzlichen und wird weniger gut resorbiert.

Zur optimalen Aufnahme sollte Eisen zwischen zwei Mahlzeiten genommen werden. Eine häufige Nebenwirkung ist Verstopfung. In dem Fall bietet es sich an, die Dosis etwas verringern und gegebenenfalls nach und nach zu erhöhen.

Eine weitere Form, die Eisenaufnahme zu unterstützen ist eisenhaltige Lebensmittel mit Vitamin C-reichen Lebensmitteln zu kombinieren. Kalzium hingegen hemmt die Eisenaufnahme, deswegen lieber zeitversetzt.

Jod

Veganer:innen leiden häufig unter einem Jodmangel, aus dem heraus eine Schilddrüsenunterfunktion entsteht. Gute Jodquellen sind mit Jod angereichertes Salz und vegane Meeresprodukte, wie Algen. Doch häufig reicht dies allein nicht aus. Vor allem Frauen, die schwanger werden möchten oder bereits schwanger sind müssen ihre Jodwerte genau im Blick behalten.

Jod in Nahrungsergänzungsmitteln wird meist aus Seetang gewonnen. Deswegen empfehle ich Patient:innen darauf zu achten, dass die Produkte nicht mit Schwermetallen belastet sind.

Fettlösliche Vitamine A und E

Studien zeigen außerdem, dass die fettlöslichen Vitamine A & E oft unter den Grenzwerten liegen und zumindest zeitweise substituiert werden sollten.

Wie hochdosiert muss ich substituieren?

Jeder Körper ist unterschiedlich. Der Bedarf richtet sich außerdem nach Lebensstil, dem Stresslevel, Alter und natürlich dem, was Du bereits durch Nahrung aufnimmst. Ich empfehle meinen Patient:innen eine Analyse des Status Quo. Das lässt sich leicht durch eine kleine Blutentnahme und Urinprobe erledigen.

Basierend darauf, was da ist aber auch auf der aktuellen Lebenssituation erstelle ich dann einen Therapieplan. Denn so kann man auch gezielt auf aktuelle Bedürfnisse eingehen. Meine Erfahrung zeigt, dass eine gezielten Substitution nachhaltiger ist.

Quellen

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Fallon N, Dillon SA. Low Intakes of Iodine and Selenium Amongst Vegan and Vegetarian Women Highlight a Potential Nutritional Vulnerability. Front Nutr. 2020;7:72. Published 2020 May 20. doi:10.3389/fnut.2020.00072

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